Sonntag, 17. Juni 2012

Einsiedler


Rings um die kleine Lichtung standen alte Baumriesen. Nach Süden liefen die Berge in ein breites Tal aus. Nur selten kam ein Besucher, auf dem schmalen fast zugewachsenen Pfad, hier herauf. Deshalb hatte sich der Einsiedler diesen Platz ausgewählt.
Stille war seine Übung, alles wurde in ihr zur Meditation. Die Zeit lief hier langsamer und dehnte sich in unendliche weiten aus. Die Tagesarbeit fand darin ihren Platz.
Aber es war nicht die Einsamkeit und die Stille die ihn an diesen Ort gezogen hatten, sondern die geheimnisvolle Kraft der Natur.

In dem Windschatten eines großen Felsens hatte er sich eine kleine Hütte gezimmert.
Wenn er in der Morgensonne davor saß, und der frische Wind von den Bergen in den Wipfeln der Kiefern rauschte, erschien ihm dies wie eine leise, liebliche Musik.
Aus den Stämmen, mit ihren Narben und Spuren des Lebens, strahlten Ruhe und Kraft.
Das Gras, die Felsen, und die vielen Vögel in den Wipfeln der Bäume, waren ihm wie Brüder und Schwestern.
Er fühlte in diesen Momenten tiefen Frieden. Das Gefühl war nicht nur auf seine Umgebung beschenkt, es umfasste nicht selten die ganze Welt. Aus allem strebte die Kraft des Lebens auf ihn ein und ließ ihn sich selbst vergessen.
Jetzt wusste er, dass die Welt ihn liebte, sie liebte ihn bedingungslos und gab ihm alles was er zum Leben brauchte.
Hier oben verebbte der Strom der Meinungen, der Wünsche und Ideen. Die das Leben unten im Tal und überall in der Welt bestimmten.
Trotzdem konnte er nicht ewig an diesem Ort bleiben, wenn der Tag kam, wenn ihn sein Schicksal rief, würde er zurückkehren, seinen stillen Winkel verlassen und den Platz und die Aufgaben übernehmen, die ihm bestimmt waren.


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